Handbuch: Ökodesign, nachhaltiges Design, Zirkuläres Design – Was ist der Unterschied?

In der Welt der (nachhaltigeren) Produkte kursieren viele ähnliche Designbegriffe. Aber bedeuten sie alle dasselbe? Sind sie für Ihre Bemühungen um nachhaltige Verbesserungen gleichermaßen relevant? Wo sollten Sie beginnen?

Umweltauswirkungen und Ökobilanz

Der Unterschied zwischen Ökodesign, nachhaltigem Design und zirkulärem Design für Produkte besteht darin, dass sie „Nachhaltigkeit“ im Produktdesign etwas unterschiedlich angehen.

In diesem Artikel lernen Sie, welche Art von Design was bedeutet. Und wo Sie selbst anfangen können.

Also, warum tauchen diese Begriffe nun überall auf?

Zunehmender Druck für nachhaltige Produkte

Wenn Sie ein Bekleidungsgeschäft, einen Geschenkeladen oder einen Supermarkt betreten, merken Sie es sofort: Nachhaltigkeit ist angesagt. Einige Marken geben sogar schon den CO2-Fußabdruck oder andere Umweltinformationen auf ihren Produkten an. Nachhaltigkeit ist das Produktmerkmal der Zukunft, und die Unternehmen können es einfach nicht mehr ignorieren:

  • Zukunftssicherung: Laut IPCC – und eigentlich allen Klimawissenschaftlern-  tickt die Uhr. Die Grenze von 1,5 bis 2,0 Grad Erderwärmung werden wir wahrscheinlich überschreiten. Die Menschen müssen sich also vorbereiten und anpassen, um die schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu verhindern. Auch Unternehmen müssen sicherstellen, dass sie für diese Aufgabe gerüstet sind. 
  • Kommende Gesetzgebung: Die EU-Gesetzgebung für nachhaltige Produkte, die Ökodesign-Richtlinie, soll bis 2028 in 30 Aspekten abgeändert werden. Außerdem wird die europäische PEF-Methode ab 2024 für viele Unternehmen strenge Regeln und einheitliche Bedingungen für Umweltanalysen und deren Transparenz einführen. 
  • Steigender Marktdruck: Für 60 % der Verbraucher weltweit ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Kaufkriterium.

Das Problem mit „nachhaltigen“ Produkten

Das Problem mit der Nachhaltigkeit ist, dass was diese tatsächlich bedeutet Interpretationssache ist. Unternehmen müssen sich verändern, aber:

  • Wie definiert man “nachhaltige Produkte”? 
  • Welche Aspekte Ihres Produkts sollten nachhaltig sein? 
  • Für wen oder was soll es nachhaltig sein? 
  • Für wie lange soll es nachhaltig sein?

Infolgedessen tauchen jetzt auch die Begriffe Ökodesign und Kreislaufdesign auf. Diese beschreiben, wie Produkte zukünftig nachhaltiger sein können. Viele, viele Begriffe – aber was bedeuten sie genau?

Die Unterschiede: Nachhaltiges Design, Ökodesign und Zirkuläres Design

Die Begriffe Nachhaltiges Design, Ökodesign und Zirkuläres Design (auch: Kreislaufdesign) lassen sich anhand ihrer „Schwerpunkte“ unterteilen. Obwohl sie im “geheimen” alle sehr ähnliche Designansätze abdecken.

1. Was ist Nachhaltiges Design?

Nachhaltiges Design (oder sustainable design) ist das am weitesten gefasste Konzept. Es gibt keine wirklich einheitliche Definition. Aber im Allgemeinen bedeutet es, dass die Verringerung der sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Auswirkungen beim Produktdesign im Mittelpunkt stehen. So arbeiten wir auf eine Welt hin, in der diese Auswirkungen so klein wie möglich sind. 

Die Verringerung der „wirtschaftlichen Auswirkungen“ bezieht sich hier auf die Verwendung möglichst erneuerbarer Rohstoffe anstatt erschöpfbarer Ressourcen. Im Produktdesign wird der Aspekt der „wirtschaftlichen Auswirkungen“ hauptsächlich mit Entscheidungen durchgesetzt, die die Erschöpfung natürlicher Ressourcen minimieren. Zum Beispiel durch die Berücksichtigung von Recycling, Upcycling und anderen Aspekten des Kreislaufdesign

1.1 Nachhaltiges Produktdesign in der Praxis.

Der beste und am weitesten verbreitete Ansatz für nachhaltiges Produktdesign besteht darin, Designentscheidungen zu treffen, die die sozialen und ökologischen Auswirkungen in jedem Schritt des Lebenszyklus Ihrer Produkte verringern. Das heißt, von den Rohstoffen über die Produktion, den Transport, die Nutzung, durch den Kunden, bis hin zur Abfallphase. 

Nehmen Sie zum Beispiel ein einfaches T-Shirt und dessen Lebenszyklus: Analysieren Sie für jede Phase kritisch die sozialen und ökologischen Aspekte Ihrer Wertschöpfungskette. 

  • Soziale Auswirkungen: Werden die Arbeiter fair bezahlt? Wie sind die Arbeitsbedingungen für die Arbeiter bei der Herstellung? Gefährdet Ihr Produkt die Gesundheit der Menschen die es später verwenden? 
  • Umweltauswirkungen: Welche Materialien in meiner Produktion haben hohe Umweltauswirkungen? Welche meiner Herstellungsprozesse können nachhaltiger werden? Wie wirkt sich der Abfall meiner Produkte auf die Umwelt aus? Diese Fragen lassen sich am besten anhand von Umweltdaten beantworten, die ihnen Einsichten in ihren ökologischen Fußabdruck erlauben.

Abbildung 1: Die verschiedenen Phasen im Lebenszyklus eines Produkts (Ökobilanz Methode)

2. Ökodesign

Ökodesign (engl.: ecodesign) ist ein nachhaltiger Designansatz. Während sich nachhaltiges Produktdesign sowohl auf die soziale als auch auf die ökologische Nachhaltigkeit konzentriert, konzentriert sich Ökodesign ausschließlich auf die ökologische Nachhaltigkeit in jedem Schritt des Produkt-Lebenszyklus. 

Der Begriff Ökodesign ist eng mit der europäischen Ökodesign -Richtlinie verknüpft. Dieses im Jahr 2005 geschaffene EU-Rahmenwerk soll dazu beitragen, dass langlebige und nachhaltige Produkte zur Norm werden.

Die Ökodesign-Richtlinie wurde ursprünglich für energieverbrauchende Produkte entwickelt. Sie enthält eine Reihe von Ökodesign-Regeln zur Begrenzung des Energieverbrauchs von elektronischen Geräten. Die Regeln werden nun im Rahmen der Verordnung “Ökodesign für nachhaltige Produkte” (englisch: Ecodesign for Sustainable Products Regulation – ESPR) auf andere Branchen ausgeweitet. Darunter wären Ökodesign -Vorschriften für Bauprodukte, Textilprodukte, Verpackungen, Chemikalien usw. zu erwähnen.

Die ESPR fördert nachhaltige Produkte, die (energie-)effizient im Gebrauch sind, eine längere Lebensdauer haben, recycelte Materialien anstelle von Primärrohstoffen verwenden und von Kreislauf-Geschäftsmodellen vermarktet werden.

2.1 Ökodesign in der Praxis.

Die Grundlage für Ökodesign sind Umweltdaten. In der Regel sind diese Daten das Ergebnis einer wissenschaftlichen Methode zur Ermittlung des ökologischen Fußabdrucks, der sogenannten Lebenszyklusanalyse (Life Cycle Assessment, LCA), auch “Ökobilanz” genannt. Bei einer Ökobilanz werden für jeden Schritt im Lebenszyklus eines Produkts 15+ Umweltauswirkungs-Kategorien untersucht. Anhand dieser Umweltdaten können Sie genau sehen, welcher Prozess, welches Material oder welche Komponente in welcher Lebenszyklusphase die größten Auswirkungen verursacht. Sie geben Aufschluss darüber, wo das größte Potenzial zur Verringerung der Auswirkungen durch Design erzielt werden kann.

Ein paar Beispiele für Ökodesign-Strategien sind:

  • Produktverantwortung: Übernehmen Sie die volle Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus Ihres Produkts. Stellen Sie sicher, dass das Produkt am Ende seiner Lebensdauer nicht verschwendet wird, sondern im Wertstoffkreislauf verbleibt. Ein Schlüsselelement ist hier ein Rücknahmesystem. Ein Vorbild hierfür ist unser Kunde Philips
  • Dematerialisierung: Mehr Materialien bedeuten in der Regel auch mehr Umweltauswirkungen. Bei der Dematerialisierung geht es darum, das Gewicht, die Größe und die Anzahl der Materialien, die Sie in Ihrem Design verwenden, zu reduzieren.
  • Modularität: Entwerfen Sie Ihr Produkt so, dass jedes einzelne Teil neu angeordnet werden kann, um den Bedürfnissen des Endbenutzers zu entsprechen. Das Ergebnis: Produkte haben eine längere Lebensdauer, da die einzelnen Teile im Laufe der Zeit an die erforderlichen Änderungen angepasst werden können. Ein Vorbild hierfür ist das modulare Telefon von Fairphone. 
  • Langlebigkeit: Das bedeutet, dass Sie Ihr Produkt so langlebig wie möglich entwerfen. Dadurch, dass die Produkte im Laufe der Zeit ihren Wert behalten, können Menschen sie weitergeben oder weiterverkaufen. Denken Sie z. B. an hochwertige Uhren oder Autos, die ästhetisch zeitlos sind. Ein Beispiel aus der Wirtschaft sind die Schuhe mit besonders langer Lebensdauer von EMMA Safety Footwear.  
  • Demontage: Entwerfen Sie Ihr Produkt so, dass es am Ende seiner Lebensdauer leicht für das Recycling zerlegt werden kann.
  • Wiederverwertbarkeit: Achten Sie bei Ihrem Design auf die Recyclingfähigkeit aller Materialien/Teile Ihres Produkts. Und auch darauf, wie einfach das Produkt/die Materialien recycelt werden können, um sicherzustellen, dass dies am Ende auch tatsächlich geschieht.

3. Zirkuläres Design

Schließlich gibt es noch das Zirkuläre Design (engl.: Circular Produktdesign). 

Nach Angaben der Ellen McArthur Foundation bedeutet Zirkuläres Design, ein Produkt so zu designen, dass kein Abfall und keine Umweltverschmutzung verursacht wird und Materialien im Gebrauch gehalten werden. Zirkuläres Design macht ein geschlossenes Kreislaufsystem in unserer Wirtschaft möglich, wo alles geteilt, repariert, wiederverwendet oder recycelt wird. Das gewünschte Ergebnis: kein Abfall, keine Umweltauswirkungen.

3.1 Zirkuläres Design in der Praxis

In der Praxis bedeutet Zirkuläres Design, dass Sie mit dem Design Ihres Produkts zwei spezifische Ziele anstreben.

(1) Minimale (vorzugsweise keine) Abfälle und Umweltverschmutzung während des gesamten Lebenszyklus Ihres Produkts.

(2) Sicherstellen dass der Wert Ihrer Materialien am Ende des Produktlebenszyklus nicht sinkt.

Strategien hierfür, hervorgehoben von der Ellen McArthur Foundation, finden Sie in der Liste weiter unten.

Die Ökodesign-Richtlinie und das zirkuläre design haben kreislauforientierte Geschäftsmodelle und minimale Abfälle und Auswirkungen als Endziele. Auch hier spielen Umweltdaten eine große Rolle. Die Messung der Kreislaufwirtschaft ist jedoch nach wie vor sehr schwierig, und es gibt keine allgemein anerkannte Messmethode, wie die Ökobilanz bei Ökodesign. Es gibt den Material Circularity Indicator (MCI), der ebenfalls Ökobilanz-Ergebnisse als Grundlage verwendet. Seine Methodik finden Sie hier

Einige Beispiele für Zirkuläre Designstrategien:

  • Design für innere Kreisläufe: Innere Kreisläufe sind die hochwertigsten Materialkreisläufe. Hier behalten die Materialien in Ihrem Produkt den höchsten Wert während und nach dem Ende seiner Lebensdauer. Recycling ist der Wertkreislauf, der den Wert Ihrer Materialien am stärksten senkt. Entwerfen Sie daher für die Wiederverwendung, das Teilen, die Wiederaufbereitung oder die Aufarbeitung. 
  • Umstellung von Produkten auf Dienstleistungen: Bieten Sie statt Eigentum Zugang an. Die Verbraucher benötigen ein Produkt oft nur für eine kürzere Zeit. Statt es also zu verkaufen, können Sie Ihr Produkt als Dienstleistung anbieten (z. B. über ein Abonnement). Auf diese Weise nutzen viele verschiedene Verbraucher das gleiche Produkt. Zum beispiel Swapfiets.
  • Verlängerung der Produktlebensdauer: Die Herstellung langlebiger Produkte ist ein Schlüsselelement der Kreislaufwirtschaft. Dies führt dazu, dass weniger Produkte produziert werden, die hoffentlich von mehreren Besitzern genutzt werden. Hier konzentriert sich das Design auf die emotionale, ästhetische und physische Langlebigkeit der Produkte.
  • Sichere und kreislauffähige Materialien: Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir Materialien wählen, die sowohl für die Menschen als auch für die Umwelt sicher sind. Der Leitfaden für Zirkuläres Design enthält viele Methoden und Werkzeuge, die Ihnen dabei helfen.

Abbildung 2. Zusammenfassung der 3 verschiedenen Ansätze für nachhaltiges Design.

Der Unterschied zwischen Ökodesign und Zirkulärem Design

Lebenszyklusauswirkungen vs. Ressourceneffizienz

  • Das Hauptziel von Ökodesign ist die Minimierung des ökologischen Fußabdrucks in jeder Phase des Produktlebenszyklus (Lebenszyklusauswirkungen). Auch wenn das bedeutet, dass Sie weniger effizient mit den natürlichen Ressourcen umgehen, die Sie nutzen.
  • Das Ziel von Zirkulärem Design ist es jedoch, so ressourceneffizient wie möglich zu sein. Die Entwürfe sollen weniger natürliche Ressourcen verbrauchen und gleichzeitig die Abfallmenge reduzieren. Auch wenn das bedeutet, dass die Auswirkungen auf den Lebenszyklus größer sind.

Abfallreduzierung vs. kein Abfall 

  • Ökodesign basiert auf der hierarchischen Struktur von Abfall. Sie können die Abfälle in Ihrem Produktdesign in folgender Reihenfolge behandeln: Wiederverwendung (beste Option), Recycling, Rückgewinnung und Entsorgung (schlechteste Option). Dennoch geht Ökodesign konzeptionell davon aus, dass Abfälle höchstwahrscheinlich weiter existieren werden.
  • Beim Zirkulärem Design werden Materialien und Produkte im Idealfall unendlich oft verwendet. Damit entfällt das Konzept der Verschwendung in unserer Wirtschaft.

Welcher Produktdesign-Ansatz passt am besten zu Ihnen?

Obwohl sie sich im Schwerpunkt unterscheiden, haben die 3 Designansätze diese wichtigsten Aspekte gemeinsam:

  1. Umweltdaten als Grundlage: Alle drei Designansätze verwenden meist die Ergebnisse von Ökobilanzen (LCA) als Grundlage, um Verbesserungsszenarien zu erstellen und die Umwelt-Effektivität neuer Designs zu testen. 
  2. Vollständiger Lebenszyklus-Ansatz:  Alle drei Designansätze befassen sich mit der Verringerung des ökologischen (und sozialen) Fußabdrucks während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts – von der Herstellung bis zum Ende seiner Lebensdauer (Abfall/Recycling/Upcycling/Wiederverwendung/etc.).
  3. Kreislaufwirtschaftliche Geschäftsmodelle:  Alle drei Designansätze haben kreislaufwirtschaftlich(er)e Geschäftsmodelle als Endziel. Das bedeutet, dass Sie Ihr Design optimieren müssen, um Abfall und Umweltauswirkungen zu minimieren.

Unternehmen wenden sowohl Zirkuläres Design als auch Ökodesign an, und kombinieren dies auch mit Kreislaufdesign-Ansätzen. Da die europäische Ökodesign-Gesetzgebung in den nächsten 5 Jahren stark zunehmen wird, entscheiden sich viele Unternehmen für diesen Designansatz. Dies verbessert ihren ökologischen Fussabdruck und bereitet auf die Gesetzgebung vor.

Die Schlussfolgerung: Welcher Ansatz am besten zu Ihnen passt, hängt von Ihren Nachhaltigkeitstreibern ab (Gesetzgebung, Kundennachfrage, intrinsische Motivationen). Die Terminologie der Nachhaltigkeit ist jedoch oft verwirrend und auslegungsbedürftig. Auch wenn die Begriffe unterschiedlich sind, decken diese Ansätze viele der gleichen Aspekte ab. Unabhängig davon für welchen Gestaltungsansatz Sie sich entscheiden, sind die drei oben genannten Aspekte für die Umsetzung am wichtigsten. 

Die ersten Schritte zum nachhaltigen Design 

Ob Sie bereits bestehende Designs testen und vergleichen oder verschiedene Materialien und Verfahren ausprobieren wollen: Nachhaltiges Design, Ökodesign und Zirkuläres Design beginnt immer mit der Messung des ökologischen Fußabdrucks (LCA) Ihres Produkts. 

Unser Produkt-Fußabdruck-Tool Mobius wurde entwickelt, um nachhaltiges Design einfach und effizient zu machen – sodass jeder es umsetzen kann. Messen Sie den Fußabdruck Ihres Produkts über den gesamten Lebenszyklus, vergleichen Sie ihn mit alternativen Produkten und testen Sie Designs und Materialien in verschiedenen Szenarien. Und wenn Sie einen Check oder ein Brainstorming benötigen, ist unser Mobius Help Center nur einen Klick entfernt. 

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